Der außergerichtliche Vergleich – möglich oder nicht?

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Als Ausgangspunkt bei den getroffenen Vereinbarungen gelten die Grundsätze pacta sunt servanda, Parteiautonomie und Vertragsfreiheit. Wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten gerät, kann die Notwendigkeit entstehen, von getroffenen Vereinbarungen abzusehen und eine Insolvenz mithilfe eines außergerichtlichen Vergleichs abzuwenden. Der Freiraum für einen Schuldner zur Erzwingung eines Vergleiches ist zwar begrenzt, jedoch ist auch ein gewisser Spielraum eröffnet.

Im Payroll-Urteil des Hoge Raad (oberster niederländischer Gerichtshof) wurde im Jahr 2005 erwogen, dass ein angebotener außergerichtlicher Vergleich von Gläubigern abgelehnt werden kann, wenn damit nicht die gesamte Forderung des Gläubigers beglichen und dieser gebeten wird, auf seine restliche Forderung zu verzichten. Dem Schuldner steht dann nur eine einzige Möglichkeit zur Verfügung: Er kann den Richter ersuchen, den Gläubiger dazu zu zwingen, dem Vergleich zuzustimmen, da dieser mit seiner Ablehnung seine Befugnis missbraucht (Artikel 13 Absatz des 3. Buches des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches). Ein solcher Missbrauch liegt vor, wenn angesichts der gegenseitigen Interessen angemessenerweise keine Ablehnung des angebotenen Vergleiches erfolgen kann. Der Richter muss bei Ausspruch einer erzwungenen Einverständniserklärung mit einer Zahlungsvereinbarung zurückhaltend umgehen.

Der Hoge Raad hat sich im Jahr 2017 nochmals zum vorgenannten Maßstab im V&D/Mondia-Urteil geäußert. In diesem Fall hatte V&D einen Rettungsplan in Gang gesetzt, um die Insolvenz zu vermeiden. V&D hat mit den Vermietern der Geschäftsräume eine vorübergehende Mietminderung vertraglich vereinbart. Mit den Banken und anderen Finanziers war ebenfalls eine Regelung getroffen worden. Ohne das gesamte Maßnahmenpaket war eine Insolvenz unabwendbar. Mondia weigerte sich als Vermieter, daran mitzuwirken, und forderte in einem einstweiligen Verfügungsverfahren die Zahlung des vollen Mietzinses.

Dieser Fall weicht insofern vom Fall des Payroll-Urteils ab, als dass in diesem Fall kein erzwungener Vergleich vorlag. Mondia entzieht sich jedoch sehr wohl der Wirksamkeit der Regelung mit den übrigen Kreditoren, indem sie als einzige eine Bezahlung fordert. Es stellt sich die Frage, ob die Angemessenheitsanalyse aus dem Payroll-Urteil auch bei der Ausübung von Befugnissen, wie der Forderung der Erfüllung, gilt. Der Hoge Raad erwägt also, dass in diesen Fällen ebenfalls an den im Payroll-Urteil formulierten Maßstab anzuknüpfen ist. Auch durch die Forderung der Erfüllung kann somit von einem Kreditor die Rede sein, der seine Befugnis missbraucht.

Wenn sich Ihr Unternehmen in einer schwierigen finanziellen Situation befindet und Sie eine Insolvenz abwenden möchten, kann ein außergerichtlicher Vergleich Abhilfe schaffen. Wenn Sie es als Gläubiger selbst mit einem angebotenen Vergleich zu tun bekommen, muss sorgfältig geprüft werden, ob Sie dem zustimmen sollten. Für Fragen in diesem Zusammenhang können Sie mit Herr Tim Stoffelen, tätig bei LexQuire Tax & Law, Kontakt aufnehmen (E-Mail-Adresse: stoffelen@lexquire.nl oder telefonisch während der Bürozeiten).

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