Der Wert eines Gesellschaftervertrages

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  1. Einleitung

Der Abschluss von Vereinbarungen kann für Gesellschafter von wesentlicher Bedeutung sein. Im Rahmen von Gesellschafterverträgen ist besonders deren juristische Relevanz ausschlaggebend. Demnach ist zunächst stets zu prüfen, ob die im Gesellschaftsvertrag geregelten Rechte und Pflichten gerichtlich einklagbar sind.

Alle Rechtsverhältnisse zwischen den Organen eines Unternehmens (etwa zwischen dem Vorstand und der Hauptversammlung) unterliegen dabei dem Gesellschaftsrecht. Ein Gesellschaftervertrag wiederum unterliegt dem Vertragsrecht wodurch zwei verschiedene rechtliche Rahmen Anwendung finden. Problematisch ist, inwieweit sich der Gesellschaftervertrag (und damit das Vertragsrecht) im Gesellschaftsrecht auswirken kann. Es stellt sich somit die folgende Frage: Können Gesellschafter rechtsgültige Vereinbarungen, etwa bezüglich der Ernennung eines Geschäftsführers oder der Ausschüttung von Dividenden, treffen?

  1.  Rechtsgültigkeit von Gesellschafterverträgen

Grundsätzlich kann diese Frage zustimmend beantwortet werden. Denn der Hoge Raad (das oberstes Gericht der Niederlande) hat bereits im Jahr 1960 entschieden, dass ein Gesellschafter bei der Ausübung seines Stimmrechts grundsätzlich seine eigenen Belange vertreten darf.[1] Dies muss wohl so verstanden werden, dass der Gesellschafter sein Stimmrecht demnach auf eine Weise nutzen kann, die sein eigenes Interesse wiederspiegelt. Die Verpflichtung, diese Befugnisse auf eine bestimmte Weise auszuüben, kann folgerichtig gegenüber anderen Gesellschaftern rechtswirksam vereinbart werden. Dieser Grundsatz ist nicht auf das alleinige Ausüben des Stimmrechts begrenzt, sondern auf alle Befugnisse, die an der Beteiligung haften, anwendbar.

Die Möglichkeiten, Vereinbarungen über die Ausübung von Gesellschafterbefugnissen zu treffen, sind dabei nicht unbegrenzt. So ist es Gesellschaftern verboten, ihre Befugnisse zu missbrauchen oder gesellschaftlich ungebührende Folgen herbeizuführen.[2] Hier sind besonders folgenden Konstellationen zu vermeiden:

  • eine Vereinbarung, die darauf abzielt, dass ein Beschluss im Widerspruch zum Gesetz, zur Satzung, öffentlichen Ordnung oder zu den guten Sitten gefasst wird,
  • eine Vereinbarung, die der Geschäftsführung als „Freibrief“ für Verstöße gegen gesetzliche Sorgfaltsnormen dienen kann, oder
  • eine Vereinbarung, die darauf ausgerichtet ist, dem Interesse der Gesellschaft oder deren Mitgesellschaftern zu schaden.

Ob eine Vereinbarungen rechtskräftig getroffen werden kann, ist anhand der gesetzlichen Bestimmungen, sowie aufgrund des Inhalts, der Tragweite, der Gesetzeshistorie, der diesbezüglichen Ausführungen und des zwingendrechtlichen Charakters dieser Bestimmung zu ermitteln.[3] Zu beachten ist, dass eine Stimme, die im Widerspruch zum Gesellschaftervertrag abgegeben wurde, gesellschaftsrechtlich dennoch Gültigkeit entfalten kann. Hierauf soll an späterer Stelle eingegangen werden.

Wie bereits ausgeführt können im Rahmen eines Gesellschaftervertrages Vereinbarungen über die „Befugnis-Ausübung“ durch Gesellschafter getroffen werden. Dies erstreckt sich jedoch nicht auf die internen (Macht-)Verhältnisse der Gesellschaft selbst. Die Gesellschafter in der Hauptversammlung können demnach nicht vereinbaren, dass sie Vorschlägen der Geschäftsführung immer, ohne Vorbehalt und ohne Kenntnisnahme der relevanten Informationen, zustimmen werden. Grund hierfür ist, dass eine solche Vereinbarung mit der Kontrollfunktion der Hauptversammlung im Widerspruch stehen würde.

Dennoch kann ein Gesellschaftervertrag Einfluss auf die Geschäftsführung haben. Denn aus der Rechtsprechung geht hervor, dass sich die Geschäftsführung einer Gesellschaft vom gesellschaftlichen Belang leiten lassen muss, wobei auch Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern mit einbezogen werden müssen. Die Geschäftsführung muss daher auch etwaige Gesellschafterverträge beachten. Ein Verstoß gegen die Regelungen eines Gesellschaftervertrages kann im Einzelfall sogar als unrechtmäßig eingestuft werden.

Grundsätzlich sind Gesellschafterverträge demnach zwar gültig, bieten jedoch noch keine Garantie dafür, dass getroffene Vereinbarungen auch tatsächlich eingehalten werden. Es stellt sich demnach die Frage, welche Mittel einem Gesellschafter, der Partei in einem Gesellschaftervertrag ist, zur Verfügung stehen, wenn getroffene Vereinbarungen nicht eingehalten werden.

Zunächst kann auf Erfüllung dieser Verpflichtung gerichtlich geklagt werden. Wird der Klage stattgegeben, so wird der Gesellschafter verpflichtet das Vereinbarte auch tatsächlich umzusetzen. Dies kann zur Folge haben, dass ein gefasster Beschluss zurückgezogen werden und ein korrekter Beschluss gefasst werden muss. Ferner ist es möglich, eine Auflösung und/oder einen Schadenersatz zu fordern.

  1. Schlussfolgerung

Ein Gesellschaftervertrag ist grundsätzlich gültig, soweit er sich innerhalb des gesetzlich Erlaubten bewegt. Inwieweit ein Gesellschaftervertrag rechtsgültig ist, hängt von den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, von denen im Rahmen des Vertrages abgewichen wird, ab. Jede Vereinbarung ist daher sorgfältig zu prüfen. Es müssen Rechtsmissbrauch und gesellschaftlich ungebührende Folgen vermieden werden.

Existiert ein Gesellschaftervertrag, so hat dieser auch Folgen für die Geschäftsführung, da sich diese bei der Leitung des Unternehmens nach dem gesellschaftlichen Belang richten und Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern beachten muss.

Ein Gesellschaftervertrag bietet dabei keinesfalls eine Garantie, dass ein Gesellschafter seine Befugnisse auch tatsächlich gemäß diesem Gesellschaftervertrag ausüben wird. Ein Beschluss, der im Widerspruch zum Gesellschaftervertrag gefasst wurde, bleibt zunächst gültig. Die Erfüllung des Vertrages kann dann nur gerichtlich gefordert werden.

Noch Fragen? Gerne stehen Ihnen unsere Spezialisten von LexQuire Tax & Law zur Verfügung.

[1] HR 19. Februar 1960, ECLI:NL:PHR:1960:AG2044.

[2] HR 30. Juni 1944, ECLI:NL:PHR:1944:BG9449.

[3] L. Bosman, De aandeelhoudersovereenkomst en dwingend recht (Der Gesellschaftervertrag und zwingendes Recht), V&O 2015/5, S. 83.

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