Ende 2016 veröffentlichte das deutsche Bundesfinanzministeriums einen Gesetzesentwurf, mit dem die steuerliche Abzugsmöglichkeit von Lizenzaufwendungen eingeschränkt werden soll, soweit die Zahlungen beim Empfänger einem „schädlichen steuerlichen Präferenzregime“ unterliegen (§ 4j EStG; die Vorschrift soll für Lizenzahlungen nach dem 31.12.2017 gelten). Der deutsche Bundestag hat das Gesetz mit leichten Änderungen am 27.4.2017 angenommen, am 2.6.2017 hat der Bundesrat zugestimmt (BR-Drs. 366/17).
Empfänger von Lizenzzahlungen werden häufig niederländische Gesellschaften sein, so dass es sich auch aus niederländischer Sicht lohnt, dieser Entwicklung Beachtung zu schenken.
Der Gesetzentwurf will einer Aushöhlung der deutschen Bemessungsgrundlage im Bereich von Lizenzzahlungen entgegentreten. Zwar wird auf das BEPS-Projekt verwiesen, der Verweis ist aber nicht ganz richtig. Im Rahmen des BEPS-Projekts haben sich die Staaten darauf verständigt, die sog. IP-Boxen (in den Niederlanden die sog. Innovatiebox) abzuschaffen, denen keine substantielle Geschäftstätigkeit zugrundeliegt (ab Juli 2021). Auf die Einführung von Abzugsbeschränkungen hat man sich aber nicht geeinigt. Der deutsche Gesetzgeber geht somit mit dieser Vorschrift über das BEPS-Projekt hinaus.
Die Abzugsbeschränkung setzt voraus:
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- Der Empfänger/Gläubiger der Zahlung muss mit dem Schuldner verbunden sein (§ 1 Abs. 2 AStG). Die Vorschrift gilt somit nicht für Zahlungen zwischen unbeteiligten Dritten. Empfänger können auch Betriebsstätten sein, wenn ihnen das IP zugerechnet werden kann.
- Die Abzugsbeschränkung gilt nicht, soweit sich die Niedrigbesteuerung daraus ergibt, dass die Einnahmen des Gläubigers einer Präferenzregelung unterliegen, die dem Nexus-Ansatz gemäß Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu Aktionspunkt 5, OECD (2016) „Wirksame Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz“, OECD/G20 Projekt Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung, entspricht.
- Es muss eine niedrige Besteuerung stattfinden. Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die effektive Besteuerung der Lizenzeinnahmen unter 25% liegt und dieser Steuersatz vom Regelsteuersatz abweicht.
Liegen diese Voraussetzungen vor, sind die Lizenzzahlungen nur zum Teil abzugsfähig. Der nichtabzugsfähige Teil errechnet sich wie folgt: 25% ./. Belastung durch Ertragsteuern geteilt durch 25%.
Die Abzugsbeschränkung ist prinzipiell als ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 4 OECD-MA anzusehen. Der Gesetzeswortlaut stellt aber klar, dass das Diskriminierungsverbot in diesem Fall nicht gelten soll.
Die Abzugsbeschränkung gilt auch dann, wenn die Lizenzzahlungen weitergeleitet werden (Unterlizenz) und der Endempfänger zum einen niedrig besteuert wird und zum anderen der Endempfänger dem Schuldner nahesteht. In diesen Fällen kommt es also gar nicht auf das Besteuerungsniveau im Zwischenstaat an. Ist die zwischengeschaltete Gesellschaft in Deutschland ansässig, kann es allerdings zu einer doppelten Abzugsbeschränkung kommen. Diese Kaskadeneffekte vermeidet die Vorschrift durch eine entsprechende Ausnahmeregelung.
Die nun geltende Fassung des § 4j EStG stellt klar, dass sich die Regelung allein auf Vorzugsregime wie die niederländische Innovatiebox bezieht. Das dürfte aus niederländischer Sicht wenig relevant sein, da die Innovatiebox an das Nexus-Erfordernis angepasst worden ist und damit wohl die Voraussetzung einer „substantiellen Geschäftstätigkeit“ erfüllt. Die bei der EU angesiedelte Gruppe „Verhaltenskodex“ (Unternehmensbesteuerung) hat die Innovatiebox unlängs als unschädlich eingeordnet.
Dennoch sollten Unternehmen, die von der Innovatiebox Gebrauch machen darauf achten, dass sie die gesamten Forschungsausgaben sorgfältig dokumentieren und den direkten Zusammenhang mit der begünstigten Forschungstätigkeit nachweisen. Denn § 4j EStG kann zur Anwendung kommen, soweit Ausgaben nicht qualifiziert sind. Qualifiziert sind nur solche Ausgaben, die tatsächlich und eigens für die durchgeführten R&D Tätigkeiten aufgebracht werden. Ausgaben, die für wesentliche R&D Tätigkeiten von anderen Beteiligten als dem Lizenzgeber erbracht werden, qualifizieren nicht. Allerdings können die qualifizierten Ausgaben um einen Aufschlag von 30% („Uplift“) erhöht werden, wenn der Steuerpflichtige in der Höhe nicht qualifizierte Ausgaben geleistet hat.
Der Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst nicht die typische „Dutch Sandwich“-Struktur. Werden immaterielle Rechte in eine Gesellschaft in einem Drittland untergebracht und erhält eine zwischengeschaltete niederländische Gesellschaft eine Unterlizenz, um die Lizenzen geschäftsmäßig zu verwalten, so kann es nur dann zu einer Einschränkung des Abzugs der durch einen deutschen Lizenznehmer gezahlten Lizenzgebühren kommen, wenn das Drittland ein schädliches Patentboxregime vorsieht. Bei den niederländischen Sandwichstrukturen sind aber Patentboxen nicht relevant, vielmehr wird hier der Umstand genutzt, dass die Niederlande auch im innerstaatlichen Recht keine Quellensteuer auf Lizenzgebühren kennen und als Drittländer zumeist solche Staaten gewählt werden, die die Lizenzeinkünfte nicht oder kaum besteuern. Allerdings ist in der Folge des BEPS-Projekts darauf zu achten, dass die Gesellschaft im Drittstaat Substanz besitzt und eigene Risiken trägt; anderenfalls wird möglicherweise die Unterlizenzierung steuerlich nicht anerkannt. Eine Hinzurechnungsbesteuerung kommt hingegen in diesen Fällen im Regelfall nicht zur Anwendung, da die deutsche Gesellschaft regelmäßig keine Mehrheitsbeteiligung am ausländischen Lizenzgeber halten wird.